29.06.2018
Schnittstellen zwischen Wirtschaft und Behörden hemmen Digitalisierung der Luftfrachtlogistik
(Berlin, 28. Juni 2018) Angesichts der deutlich wachsenden Nachfrage stößt der Luftverkehr immer mehr an Kapazitätsengpässe bei Infrastruktur und Verwaltungsabläufen. „Wenn wir das Wachstum im Luftverkehr bewältigen wollen, dann müssen massive Anstrengungen unternommen werden und das an allen Stellen“, so Matthias von Randow, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) anlässlich des gemeinsamen Branchengesprächs Luftfracht des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), des BDL und des Deutschen Speditions- und Logistikverbands (DSLV). Randow unterstrich: „Insbesondere die Schnittstellen zu den behördlichen Funktionen, wie etwa Zollverwaltung und Luftsicherheitskontrolle, können und müssen erheblich effizienter organisiert werden.“
Beim diesjährigen Branchengespräch Luftfracht betonen die Verbände den dringenden Handlungsbedarf und nennen vier Schwerpunkte:
Letzteres steht im Mittelpunkt der Beratungen auf dem Branchengespräch, zu dem die Verbände auch Vertreter des Bundesfinanzministeriums und des Bundesverkehrsministeriums sowie den Präsidenten des Luftfahrt-Bundesamtes geladen haben. Da insbesondere der globale Warenaustausch durch den Online-Handel sowie den Export hochwertiger Technologieprodukte und Ersatzteile rasant wächst, erhöht sich das Luftfrachtvolumen, während sich die durchschnittliche Sendungsgröße gleichzeitig verkleinert. Um das zusätzliche Volumen stemmen zu können, braucht es digitale Prozesse entlang der gesamten Logistikkette. Holger Lösch, Mitglied der BDI Hauptgeschäftsführung, hebt hervor, dass die heutige Praxis und der geltende Rechtsrahmen weit hinter diesen Anforderungen zurückbleiben. „Um das Wachstum zu bewältigen, brauchen wir eine Kraftanstrengung aller Beteiligten. Die Luftfrachtwirtschaft investiert in die Digitalisierung der Abläufe, doch insbesondere an den Schnittstellen zu den Behörden gibt es nach wie vor Optimierungspotenzial“, so Lösch.
Rechtzeitig zum Branchengespräch hat der BDL eine Analyse der derzeitigen Lage vorgelegt. Demnach spielen in der Luftfracht Papierdokumente nach wie vor eine große Rolle: Frachtbriefe, Zollanmeldungen und Versicherungsscheine müssen weiterhin physisch mitgeführt werden. Alternativen wie der elektronische Frachtbrief der internationalen Zivilluftfahrtorganisation IATA werden zwar relationsbezogen genutzt, allerdings bleibt die Papiereinsparung auch bei einem flächendeckenden Einsatz begrenzt, wenn amtlich vorgeschriebene Begleitdokumente weiterhin in Papierform mitzuführen sind. Dabei würde der komplette Umstieg auf elektronische Dokumentation die Abfertigung bei Kunden, Spediteuren und Fluggesellschaften beschleunigen und branchenweit pro Jahr 7.800 Tonnen Papier sparen.
Vor diesem Hintergrund fordern die Verbände von der Politik Rahmenbedingungen für einen rein elektronischen Austausch aller relevanten Dokumente und Informationen. Sie wollen die gute Basis der Zusammenarbeit mit den Zollbehörden weiterentwickeln. Demnach sollten die Zollverfahren auf EU-Ebene harmonisiert und standortspezifische Nachteile durch eine zu strenge Auslegung der EU-Normen künftig ausgeschlossen werden. „Unter den heutigen Rahmenbedingungen wird der Zoll das zusätzliche Frachtaufkommen nicht reibungslos abwickeln können. Hier drohen Engpässe in der Logistikkette, die wir dringend beheben müssen, damit Warenflüsse nicht an Deutschland vorbeigehen“, so Henning Dieter, Vorsitzender des DSLV-Luftfrachtausschusses. Neben der Digitalisierung der Prozesse zwischen den Unternehmen und den Zollbehörden sei auch eine verbesserte Ausstattung der Behörden mit Personal- und IT-Ressourcen erforderlich sowie die Entwicklung von einfachen und innovativen Verfahren für eine beschleunigte Verzollung.
Die Analyse des BDL umfasst insgesamt eine aktuelle Darstellung zur volkswirtschaftlichen Bedeutung und zu aktuellen Herausforderungen der Luftfrachtbranche. Demnach transportierten Fracht- und Passagierflugzeuge im Jahr 2017 Waren im Wert von 260 Milliarden Euro. Gemessen am Warenwert wurden 31 Prozent der Waren im Export nach Übersee mit dem Flugzeug transportiert. Die Nachfrage nach Transportleistungen per Luftfracht gewinnt weiter an Bedeutung. So ist das wertmäßige Frachtvolumen in den letzten zehn Jahren um 60 Prozent gewachsen – also etwa doppelt so schnell wie bei anderen Verkehrsträgern. Dabei wird das Luftfrachtwachstum durch den zunehmenden grenzüberschreitenden Onlinehandel, kürzer werdende Produktzyklen und den Wunsch nach saisonunabhängigen Lebensmitteln angekurbelt.
Die BDL-Analyse: https://www.bdl.aero/download/2909/was-bedeutet-luftfracht-fur-deutschland.pdf
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